Liebe Leserinnen und Leser,
Mein Name ist Tobias Uhlig, ich bin 22 Jahre alt komme aus Chemnitz und möchte ihnen mit diesem Reisebericht einen Einblick geben, wie es ist, selbstständig und frei mit einem Camper durch Europa zu fahren. Mit dieser Reise möchte ich meine Komfortzone bewusst verlassen, mich in unbekannte Situationen begeben, um dadurch viele Erfahrungen und Eindrücke zu sammeln. Bevor ich über die eigentliche Reise berichte, möchte ich ihnen erklären, wie es dazu überhaupt kam.
Wir schreiben das Jahr 2021, ich bin im 3. Lehrjahr meiner Ausbildung zum Metallbauer für Konstruktionstechnik. Die Ausbildung läuft so weit gut und ich habe das Bedürfnis in meiner Freizeit etwas Sinnvolles mit meinen Händen zu erschaffen. Durch einen Zufall und wohl einfach aus Spaß fragte mich der Bäcker aus unserem Dorf, ob ich seinen alten Verkaufswagen haben möchte. (Bild1) Er soll verschrottet werden, da die Karosserie stark durchgerostet ist und er daher keinen TÜV mehr bekommt. Zunächst winkte ich lachend ab. Was soll ich mit so einem Haufen Schrott? Der Bäcker meinte “Du bist doch Bastler, bau dir daraus ein Wohnmobil und geh auf
Reise”… Ja was soll ich sagen… es hat nicht lange gedauert, bis meine Fantasie und meine Gedanken mich nicht mehr in Ruhe ließen. Ich bekam das dringende Anliegen,
nach meiner Ausbildung mit diesem Fahrzeug auf Reise zu gehen und darin zu leben. So schwer konnte das doch nicht sein, eine Karosserie wieder TÜV tauglich zu
machen, und in den Aufbau ein Bett, ein Tisch und eine Küche einzubauen. Der Wille war da, und wo ein Wille, da ein Weg. So kaufte ich das Bäckereiauto mehr oder weniger zum Schrottpreis und brachte es mit nachhause. Die Begeisterung der Familie hielt sich zunächst in Grenzen, aber das war mir egal, ich hatte ein Ziel und ich hörte erst auf, wenn ich es erreicht habe.
So begann ich zunächst, das gesamte Auto auszuschlachten bis wirklich nur noch der “Rohbau” übrig war. Diesen Rohbau stellte ich dann auf Paletten um einigermaßen ordentlich Arbeiten zu können. (Bild 2) Dann trennte ich Stück für Stück jede Roststelle heraus und ersetzte sie durch neue Bleche, welche ich mir anfertigte. (Bild 3) Alle Teile die abzubauen gingen wurden abgebaut, gereinigt repariert und dann wieder eingebaut. Die wenigsten Teile, bis auf die wirklich wichtigen, wurden neu gekauft. Das meiste konnte nach Reinigung und Instandsetzung wieder eingebaut werden. So sparte ich zwar Geld, aber es kostete unheimlich viel Zeit.
Nach ca. 4 Monaten waren dann alle Blech- und Karosseriearbeiten fertig, so konnte ich das Auto von den Paletten runternehmen und der Probelauf glückte. Als nächstes musste ich das Fahrerhaus und den Kastenaufbau von innen wieder hübsch machen. Über die Weihnachtszeit 2021 verbrachte ich unzählige Stunden damit, den Aufbau von Innen wieder so zu reparieren, damit man keine alten Löcher und Makel der
vorherigen Einbauten sieht. (Bild 4) Auch die große Hecktür wurde verändert und ich habe alles neu gestrichen. Der neue Fußbodenbelag wurde eingeklebt und so war der Wagen zumindest von innen im März 2022 auf Werkszustand so, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Als nächstes baute ich in Zusammenarbeit mit meiner Mutter, die Möbel und Inneneinrichtung. Es sollte alles so schlicht und einfach wie möglich sein, da mir dies gefällt und ich ein Freund von klaren Linien und Funktionalität bin. (Bild 5) Anfang Mai waren dann auch diese Arbeiten erledigt und ich begann den Aufbau auch von außen ordentlich zu machen. Selbes Vorgehen wie Innen. Alle Löcher und Makel mit Gewebe und Harz zukleben, glattschleifen, grundieren, füllern und lackieren. Aussparungen für Türen und Fenster ausarbeiten, Solaranlage auf das Dach kleben und alles neu abdichten. Am Ende noch die Rücklichter und Nummernschildhalter montieren und ich konnte endlich zum TÜV.
Die Abnahme verlief zwar etwas durcheinander aber die Prüfung wurde “ohne Mängel bestanden”. So habe ich es auf den letzten Tag im Mai geschafft, dass Auto durch den TÜV zu bringen und anzumelden – was für eine Erleichterung. (Bild 6)
Anfang Juni wurde mir dann bei der Installation der Steckdosen und des Lichts geholfen, da ich selbst in diesen Gebieten nicht so viel Erfahrung habe. Doch mit vereinten Kräften konnte auch da jeder Wunsch umgesetzt werden und so war der Camper dann bereit für die erste Testausfahrt.
Gegen Mitte Juni unternahm ich dann Tages- und Wochenendausflüge, um Mängel und Probleme zu erkennen, um diese anschließend beheben zu können.
Am 24. und 25.06. war dann der Landesausscheid, an welchem ich teilnehmen durfte und dann konnte meine Reise beginnen.
So begann am 28.06.2022 meine Reise durch Europa.
Das erste Ziel war die Stadt Moritzburg, in der ich mir das Barocke Schloss und das Gestüt anschaute. Erstaunt war ich über die imposanten Bauwerke und darüber, wieviel handwerkliche Fähigkeiten nötig gewesen sind diese damals zu errichten. Da mich dieses Anwesen mit Park und den Gebäuden so beeindruckt haben, empfiehl mir eine Freundin ein weiteres Barockschloss für meine Reise.
So brach ich am nächsten Morgen nach Potsdam auf, um mir das Schloss und den Park Sanssouci anzuschauen. (Bild 7)
Diese Anlage war um einiges größer als die am Vortag und ich bis zum späten Abend damit beschäftigt war mir alle Sehenswürdigkeiten anzuschauen.
Auch diesmal achtete ich auf die vielen Details der einzelnen Bauwerke. An jeder Tür und an jedem Fenster waren Verzierungen. Was meiner Meinung dem Ganzen die Krone aufgesetzt hat, war dieses Tor (Bild 8). Da stellte ich mir die Frage wer könnte so etwas heutzutage noch herstellen?
Müde vom Laufen durch die riesigen Anlagen legte ich mich am Abend in mein Auto und ließ nochmal alle Eindrücke durch mein Kopf gehen.
Am nächsten Morgen machte ich mich auf zur nächsten Etappe, das Haupt und Landgestüt Neustadt (Dosse). Der Grund für dieses Ziel war ein Springreitturnier einer Freundin auf diesem Gestüt.
Auf dem Turnier interessierte ich mich neben den Gebäuden und Stallungen für den dort tätigen Hufschmied. Mit ihm unterhielt ich mich über das Handwerk des Hufschmieds und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat.
Während des Gesprächs hatte er schon wieder drei Pferde neu beschlagen. Nach dem Turnier brachten die Springreiterin und ich das Pferd wieder zurück nach Güstrow in den Pensionsstall. Dort machte ich Bekanntschaft mit der Besitzerin des Stalls und erzählte ihr meine Herkunft und meine Pläne. Sie war sofort begeistert und meinte, es gäbe reichlich Arbeit für mich in dem Landwirtschaftsbetrieb ihres Mannes.
Also begann ich am folgenden Montag bei ihm zu Arbeiten. Zu meinen Tätigkeiten zählten sämtliche Schlosser- und Reparaturarbeiten an Landmaschinen, Anhängern und auf dem Grundstück. So erneuerte ich in der ersten Woche bei einen altem Pferdehänger die Seitenwände. Diese waren über die Jahre der Benutzung in einen maroden Zustand und der Anhänger wäre so nicht mehr durch den TÜV gekommen. Ich löste also alle Schrauben, baute die alten Seitenwände ab, fertigte sie aus wasserfestverleimten Sperrholzplatten nach und baute alles mit neuen Schrauben wieder zusammen.
Als dieses Projekt erledigt war, half ich beim Koppel und Zaun bauen. Dabei wurde zunächst der alte kaputte Zaun abgebaut. Die Pfähle und das Material, welches wieder verwendet werden konnte wurde aussortiert und der Rest entsorgt. Dann haben wir den neuen Verlauf festgelegt und bauten den Zaun neu auf. Als nächstes baute ich ein vorgefertigtes Tor in eine bereits bestehende Zaunanlage ein. Dazu entfernte ich an der vorgesehenen Stelle den Zaun, setzte die Torsäulen und Montierte das Tor. Nach dem Einstellen der Bänder und des Verschlussmechanismus war auch diese Arbeit getan und der Eigentümer war zufrieden.
In der darauffolgenden Woche durfte ich mit einem Teleskoplader bei der Futterernte mithelfen. Dabei stellte ich die Siloballen der abgeernteten Grasfläche zum Abtransport an den Feldrand. Eine weitere Arbeit war das Wechseln der Gleitkufen eines Mähwerks in der Werkstatt des Betriebes. Dazu mussten nur die alten Teile abgebaut und die neuen Teile angebaut werden.
An den Wochenenden und an den Tagen, wo ich nicht Arbeiten war, unternahm ich schöne Ausflüge mit meinen Freunden und Bekannten hier aus Rostock.
So besuchte ich unter anderem das AirBeatOne Festival in Neustadt Glewe und machte einen Tagesausflug nach Ueckermünde an das Stettiner Haff. Für ein Wochenende fuhren wir als Gruppe nach Frankfurt am Main und besuchten dort eine Convention. Außerdem musste ich für das Abholen meiner Reisegewerbekarte nochmal zurück in meine Heimatstadt. Also machte ich eine Bahnreise bei über 30 Grad und überfülltem Zug von Rostock nach Chemnitz, besuchte dort meine Familie, holte die Unterlagen vom Gewerbeamt und begab mich wieder auf den Weg zurück in die Hansestadt.
Anschließend unternahm ich diverse Kurztrips entlang der Ostseeküste rund um Rostock. So besuchte ich den Gespensterwald bei Nienhagen, den Yachthafen in Hohe Düne und die Seebrücke in Kühlungsborn.
Am Ende des Monats Juli fuhren ein Freund und ich nach Ludwigslust, um seine Heimatstadt zu besuchen. Dort zeigte er mir alles Sehenswerte und wir trafen uns am Abend mit Freunden von ihm in einer dort bekannten Bar.
So endete der Monat mit vielen spannenden Erlebnissen und eindrucksvollen Erfahrungen.







